VIRTUELLE 3D-REKONSTRUKTION DER BURG PFUNGEN

Ausgangslage

 

Im Jahr 1876 wurde die mittelalterliche Burg Pfungen, die auf einem Geländesporn mitten in der Ortschaft Pfungen stand, zugunsten der neuen Eisenbahnlinie Winterthur-Bülach-Waldshut abgebrochen. Da nicht nur die Burg selbst abgetragen wurde, sondern auch ein grosser Teil des Burghügels, sind heute bis auf wenige Steine keine Überreste des Gebäudes mehr erhalten. Will man sich vom Aussehen der Burg ein Bild machen, ist man daher ganz auf alte Darstellungen und Pläne angewiesen.

Dass solche Pläne existieren, ist Heinrich Zeller Werdmüller zu verdanken, der das Aussehen der Burg direkt vor dem Abbruch dokumentierte. Er zeichnete dazu mehrere Grundrisspläne und zwei Aussenansichten der Burg.

Doch nicht nur anhand dieser Dokumentation können Aussagen über die Bauweise der Burg gemacht werden. Sie war auch mehrfach Gegenstand künstlerischer Darstellungen. Sogar auf einer Fotografie aus dem Jahr 1865 ist die Burg ganz klein im Hintergrund zu erkennen.

Das Projekt

 

Ein virtuelles 3D-Modell bietet eine ideale Möglichkeit, die aus den Plänen und Bildquellen entnommenen Informationen an einem Ort zusammenzufügen und zu interpretieren.

 

In einem ersten Schritt wird der letzte Zustand der Burg vor dem Abbruch, den Heinrich Zeller-Werdmüller in seinen Plänen aufgenommen hat, detailliert rekonstruiert. Dies ermöglicht ein vertieftes Verständnis seiner Aufzeichnungen. Ausgehend von diesem Modell werden anhand älterer Darstellungen auch Rekonstruktionsvorschläge für frühere Bauphasen der Burg erarbeitet.

 

Bei der Rekonstruktion der Baugeschichte werden auch die Schriftquellen beigezogen und nach Zusammenhängen zwischen der schriftlichen Überlieferung und dem jeweiligen Bauzustand der Burg gesucht.

 

Die Erarbeitung eines 3D-Modells hat verschiedene Vorteile. Abgesehen von der besseren Veranschaulichung führt sie auch zu neuen Fragestellungen: Wenn wie bei der Burg Pfungen eine über 150 Jahre alte, zweidimensionale Dokumentation in ein 3D-Modell umgesetzt wird, ergeben sich naturgemäss Fragen, etwa über die Verbindung verschiedener Gebäudeteile in oberen Stockwerken, über die die traditionelle Dokumentation keine Angaben enthalten. Zum Beispiel ist auf Heinrich Zeller-Werdmüllers Plänen in der Aufsicht nicht bei allen Treppen eingezeichnet, ob diese aufwärts oder abwärts führen. Derartige „Informationslücken“ oder eventuell auch Unstimmigkeiten werden erst beim Erstellen des Modells sichtbar. Gerade solche Informationslücken sind von besonderem Interesse. Wenn es gelingt, anhand von konstruktionstechnischen Überlegungen und Vergleichen mit noch bestehenden Burgen diese Lücken zu schliessen, gewinnt man neue Erkenntnisse, die aus der zweidimensionalen Dokumentation nicht ersichtlich gewesen wären.

 

Ein weiterer Vorteil des 3D-Modells besteht darin, die Rekonstruktion vielseitiger und zugleich leicht verständlich zu veranschaulichen. Die Burg Pfungen kann als Modell auch aus andern Blickwinkeln als auf den altbekannten Darstellungen betrachtet werden. So dient das Modell in besonderem Masse der Informations- und Wissensvermittlung.